Die Ausdehnung der Wüsten auf der Südhalbkugel ist wesentlich geringer als die der Wüsten auf der Nordhalbkugel, was mit der weitaus kleineren Landmasse zu tun hat: Nur 19 Prozent der Gesamtfläche der Südhalbkugel bestehen aus Landmasse, 81 Prozent sind hingegen von Meeren bedeckt. Nicht umsonst sprechen Geografen von der Nordhalbkugel als Landhalbkugel und der Südhalbkugel als Wasserhalbkugel.
Entsprechend der Anordnung der Wüsten auf der Nordhalbkugel liegen die Wüsten auf der Südhalbkugel in einem erdumspannenden Wüstengürtel zwischen dem 20. und 40. südlichen Breitengrad. Dieser Gürtel beginnt im Südwesten Afrikas mit der Namib und setzt sich mit der Kalahari und der südafrikanischen Karoo nach Osten hin fort. Dann folgen die australischen Wüsten, die mit der Great Sandy Desert von der Küste des Indischen Ozeans bis zur Simpson im Zentrum des Kontinents reichen. Des Weiteren finden sich in Australien die Tanami, die Gibson und die Great Victoria Desert. In Südamerika verläuft der Wüstengürtel nicht breitenparallel, sondern stellt sich als Diagonale dar, die mit der Sechura im Norden Perus beginnt und im Süden in die Atacama übergeht. Im Südwesten Boliviens und im Nordwesten Argentiniens überspringt die Südamerikanische Trockendiagonale die Anden und setzt sich als Patagonische Küstenwüste im Lee der Anden bis nach Feuerland fort.
Die Landschaftsformen der auf der Südhalbkugel gelegenen Trockenwüsten gleichen denen auf der Nordhalbkugel im Wesentlichen. So wird im Folgenden der Fokus stärker auf die Unterschiede zwischen den beiden Wüstengürteln gelegt.
Die astronomischen Verhältnisse auf der Südhalbkugel sind komplementär zu denen auf der Nordhalbkugel: Die Jahreszeiten sind vertauscht; der niedrigste Sonnenstand ist auf der Südhalbkugel am 21. Juni, der höchste am 21. Dezember zu verzeichnen; die Sonne geht zwar auch im Osten auf und im Westen unter, steht mittags aber im Norden und nicht im Süden am Himmel.
Betrachtet man die Ursachen für die Trockenheit in den Wüsten der Südhalbkugel, gleichen sie denen, die für die Trockenheit auf der Nordhalbkugel verantwortlich sind, die Gewichtung ist aber eine andere. Ähnlich wie auf der Nordhalbkugel kommt es oftmals zu einem Ursachengefüge. Die Ausbildung von Wüsten in Australien, Afrika und Südamerika hat ihre Ursache, sofern sie im Bereich des südlichen Wendekreises liegen, im trockenen Passat, der anders als auf der Nordhalbkugel nicht als Nordostpassat, sondern als Südostpassat weht. Was auf der Südhalbkugel fehlt, ist der für die Trockenheit in der Sahara verantwortliche Ostjet, eine Höhenströmung aus Tibet. Reliefwüsten sind auf der Südhalbkugel nur in Südamerika anzutreffen, wo die Anden in Patagonien die feuchten Luftmassen des Pazifiks abschirmen; auf dem Altiplano werden hingegen die feuchten Luftmassen des Atlantiks abgehalten. Binnenwüsten sind auf der Südhalbkugel nicht zu finden, fehlen doch großräumige Landmassen, die in Zentralasien die Hauptursache für die Trockenheit sind oder diese in der Ostsahara zumindest verstärken. Dagegen sind Küstenwüsten auf der Südhalbkugel ausgeprägter als auf der Nordhalbkugel. Die küstennahen Teile der Atacama in Südamerika und der Namib im südwestlichen Afrika gelten als phänotypisch. Auch die für die westaustralischen Wüsten verantwortliche Trockenheit wird durch eine kalte Meeresströmung, den Westaustralstrom, verstärkt.
FLORA UND FAUNA
Im Eingangskapitel zu den Wüsten der Nordhalbkugel wurden die Pflanzen und Tiere der Wüsten bereits kurz beschrieben. Daher soll hier anhand je eines Beispiels aus Fauna und Flora gezeigt werden, dass die Wüsten der Südhalbkugel bei allen Gemeinsamkeiten durchaus Besonderheiten aufweisen.
Während die »Altweltkamele« für die Nomaden auf der Nordhalbkugel die Überlebensgrundlage bilden, sind für die Menschen in den Hochwüsten Südamerikas die »Neuweltkamele« bedeutsam. Neuweltkamele, die auch »höckerlose Kamele« oder »südamerikanische Kameliden« genannt werden, wurden vor sieben bis acht Millionen Jahren in Südamerika heimisch. Man unterscheidet zwischen den wild lebenden Guanakos und Vikunjas und den domestizierten Lamas und Alpakas, wobei das Lama vom Guanako und das Alpaka vom Vikunja abstammt. Das zeigt sich auch daran, dass alle vier Arten untereinander gekreuzt werden können, da sie die gleiche Chromosomenanzahl besitzen. Der Altiplano, jene intermontane Hochebene zwischen den Andenkordilleren, ist die Heimat dieser Kameliden. Die Lebensbedingungen sind dort hart. Neben der Trockenheit sind die Tiere winterlichen Temperaturen von bis zu minus 30 Grad Celsius und einem durch die Höhenlage bedingten Mangel an Sauerstoff ausgesetzt. Ein dichtes Fell schützt sie vor der Kälte, außerdem können sie Sauerstoff besonders effektiv in das Gewebe befördern – eine Grundvoraussetzung, um auf dieser Höhe überleben zu können.
Als Vertreter der Flora soll die ungewöhnlichste Pflanze des südlichen Wüstengürtels näher betrachtet werden, die Welwitschia mirabilis. Sie wächst in der Nebelzone der Namib und wirkt mit ihren meterlangen, lederartigen, bodennahen Blättern wie ein Dinosaurier unter den Pflanzen in der Wüste. Sie wird von den Biogeografen als paläoklimatisches Relikt angesehen, handelt es sich bei ihr doch um eine Savannenpflanze, die aber in der küstennahen Namib auch unter vollariden Bedingungen überlebt. Sie nimmt die Feuchtigkeit des Küstennebels über ihren oberflächennahen, weiten Wurzelteller auf und profitiert vor allem von ihrer tief reichenden Pfahlwurzel, mit der sie die im Boden gebundene Feuchtigkeit erreichen kann. Um den Keimling aufwachsen zu lassen, braucht es aber eine Reihe regenreicher Jahre in Folge.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass einige von ihnen schon mehrere Hundert Jahre lang existieren. Ein Alter, das sie auch deshalb erreichen, weil ihre Blätter für Fraßfeinde ungenießbar sind.
DIE MENSCHEN
Anders als in den meisten Wüsten der Nordhalbkugel leben in den Wüsten Südamerikas, Australiens und des südlichen Afrikas sowohl indigene Völker als auch die Nachfahren europäischer Einwanderer. Die Inbesitznahme durch europäische Siedler hat in den Ländern bis heute ihre Spuren hinterlassen, und bei allen Veränderungen und Fortschritten dauert die Benachteiligung indigener Bevölkerungsgruppen bis heute an. Traditionelle Wirtschaftsweisen oder Kulturtechniken sind dort, wo es sie noch gibt, unter Druck. Dies gilt für alle drei traditionellen Wirtschaftsformen in Wüsten: den Nomadismus, die Jäger- und-Sammler-Kulturen sowie für die Oasenwirtschaft.
Nomadismus gibt es auf der gesamten Südhalbkugel lediglich bei den im Kaokoveld im nördlichen Namibia lebenden Himba.
Dagegen ist die Oasenwirtschaft auf allen drei Kontinenten zu finden, wenn diese Siedlungen auch wenig gemeinsam haben mit den traditionsreichen Oasen im Altweltlichen Trockengürtel der Nordhalbkugel. In Australien und im südlichen Afrika sind sie oftmals moderne Knotenpunkte für die extensive Rinderhaltung, in Südamerika wird in den Flussoasen der Atacama intensiver Obstanbau betrieben, oder es sind Standorte für den Bergbau.
Jäger-und-Sammler-Kulturen, wie die der San in der Kalahari oder der Aborigines in den Wüsten Australiens, existierten auf der Südhalbkugel bis zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Tragischerweise ging die wirtschaftliche Inwertsetzung der Kalahari und der Wüsten Australiens mit der Auslöschung der einstigen Jäger-und-Sammler-Kulturen einher. Nicht allen San in Botswana oder Aborigines in Australien ist es gelungen, sich in die moderne Gesellschaft zu integrieren und an den heutigen Wirtschaftskreisläufen teilzunehmen. Beide Länder unternehmen durchaus Anstrengungen im Bereich der Gesundheitsversorgung, Bildung und Ernährung, können aber den Identitätsverlust der indigenen Bevölkerung damit nicht verhindern. Viele von ihnen sind arbeitslos, von Alkohol und anderen Drogen zerstört, die Perspektiven der jungen Generation oftmals deprimierend.
Nüchterne Zahlen belegen das Drama, das sich seit der Ankunft der Europäer in Australien abspielte. Lebten im Jahre 1788 je nach Schätzung 300 000 bis eine Million Aborigines in Australien, war ihre Zahl aufgrund eingeschleppter Krankheiten und durch gewaltsame Konflikte mit Siedlern um Landrechte bis zum Jahre 1920 auf 60 000 gesunken. Heute leben drei Viertel der knapp 500 000 Aborigines in Städten, nur ein geringer Teil lebt in kleinen Siedlungen, die vom Staat versorgt und verwaltet werden. Jagen und Sammeln spielt heute bei den Aborigines wirtschaftlich keine bedeutende Rolle mehr.
Die moderne wirtschaftliche Entwicklung in Wüstenländern wie Australien, Chile, Argentinien und Namibia wird häufig von den Nachfahren europäischer Einwanderer vorangetrieben. Es gelang eine Inwertsetzung der wirtschaftlichen Potenziale im Bergbau, in der Landwirtschaft und im Tourismus. So wird mit dem Bergbau in der Atacama und auf dem Altiplano ein großer Teil des Bruttosozialprodukts von Chile erzielt. Gleiches gilt für die Diamantminen in der Kalahari und der Namib, welche die Länder Namibia und Botswana vergleichsweise wohlhabend machen. In Australien haben der Kupferbergbau großer Minenkonzerne und das »opal mining« manchen Glücksritter reich gemacht. In der Kalahari, am Rande der Namib und in den Randbereichen der australischen Wüsten wird extensive Rinderhaltung im industriellen Maßstab betrieben. Voraussetzung hierfür sind die umfangreichen fossilen Grundwasservorkommen, die oft mit Tiefbrunnen erschlossen werden. Nicht zuletzt spielt in den Wüsten der Südhalbkugel der Tourismus eine zunehmende Rolle, was auch daran liegt, dass sich die Sicherheitslage in den Wüsten des Altweltlichen Trockengürtels verschlechtert hat und das Reisen vielerorts nicht mehr möglich ist.
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