Wüsten der Nordhalbkugel

Thar


Die Wüste Thar ist Teil eines ausgedehnten Trockengebiets im Nordwesten des indischen Subkontinents, das große Teile Rajasthans einnimmt. Jenseits der indisch-pakistanischen Grenze reicht es bis an den Indus heran und trägt dort den Namen Cholistan. Monsunale Regenfälle zwischen Juli und September ergeben je nach Region Niederschlagsmengen von 150 –400 Millimetern, sodass in der Thar keine vegetationsfreien Gebiete existieren. Wo der Eindruck einer Vollwüste besteht, hat das in der dicht besiedelten Thar mit der Übernutzung durch den Menschen durch Überweidung zu tun. Teile der Thar sind von Dünenketten geprägt, die von Nordosten nach Südwesten verlaufen und meist dicht mit Buschwerk bestanden sind. Die Menschen leben in kleinen Dörfern von Ziegen- und Schafhaltung und betreiben Trockenfeldbau. Die Fertigstellung des 470 Kilometer langen Rajasthan-Kanals, der Wasser aus dem Punjab heranführt, hat zu einer sprunghaften Bevölkerungszunahme in den Bewässerungsgebieten geführt. Die Thar gilt heute als die am dichtesten besiedelte Wüste der Erde. Für die Landbevölkerung ist das Kamel das wichtigste Arbeitstier. Große Berühmtheit hat der Kamelmarkt von Pushkar am Ostrand der Thar erlangt, einer der größten der Welt. Er findet in den beiden Wochen vor dem Vollmond im heiligen Monat Kartik Purnima statt. In der Vollmondnacht strömen Hunderttausende Hindu-Pilger nach Pushkar, um ein Bad im heiligen See zu nehmen.

Im November 2014 reisten mein Sohn David, mein Freund Thilo Mössner und ich nach Rajasthan. Wir flogen nach Delhi, organisierten dort in den frühen Morgenstunden einen klapprigen Tata samt Fahrer, der uns in halsbrecherischer Fahrt in das 450 Kilometer entfernte Pushkar brachte. Der jährlich stattfindende Kamelmarkt war bereits in Auflösung begriffen, aber der Pilgerstrom schwoll von Stunde zu Stunde mehr an. In der Nacht vor dem Vollmond waren die engen Gassen von Pushkar völlig überfüllt, sodass mit unseren Kamerastativen kaum ein Durchkommen war. Ich war beeindruckt, dass die Pilger trotz der Enge immer gelassen blieben und sich auf die Spiritualität des Ortes in diesen Tagen einlassen konnten. Wir verließen Pushkar mit unserem Tata und fuhren weiter in die nahe der pakistanischen Grenze gelegene Wüstenstadt Jaisalmer, wo wir einen geländegängigen Mahindra-Jeep mieteten. Unser Fahrer Khuba freute sich, dass wir von den üblichen Routen abwichen. In den kleinen Dörfern wurden wir von den Kleinbauern freundlich in ihre Lehmhütten zum Chai eingeladen. Vom Hightech-Land Indien, das Raumschiffe zum Mars schickt, war dort noch wenig zu spüren.