Arktis

Ostgrönland


Ostgrönland unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Westgrönland. Das Klima ist deutlich rauer, die Berge sind höher, und die Küstenlinien sind durch tief eingeschnittene Fjorde geprägt. Entsprechend gering ist die Besiedlungsdichte: Nur wenige Tausend der 57 000 Grönländer sind an der Ostküste ansässig, die meisten von ihnen leben in zwei Orten, in Tasiilaq oder Ittoqqortoormiit, die 800 Kilometer voneinander entfernt liegen. Der Kulturwandel ist in Ostgrönland nicht so weit fortgeschritten wie in Westgrönland, viele der Männer sind noch als Jäger tätig. Sie trifft das von der EU erlassene, weitreichende Handelsverbot mit Robbenfellen und anderen Produkten hart. Um die Jäger vor dem wirtschaftlichen Aus zu bewahren, lässt die grönländische Regierung Robbenfelle aufkaufen und in der Gerberei »Great Greenland« in Qaqortoq verarbeiten. Derzeit lagern in deren Hallen über 100 000 Robbenfelle, die kaum abzusetzen sind. Für die meisten grönländischen Familien sind die Jagd und der Fischfang bis heute nicht nur eine wichtige Einkommensquelle, sondern sie stärken auch die Identifikation mit den eigenen traditionellen Wurzeln.

Ich war im April 2011 alleine von Island über Kulusuk nach Nerlerit Inaat geflogen, von dort brachte mich ein Helikopter nach Ittoqqortoormiit. Die meisten der etwa 500 Einwohner dieser isoliert liegenden Gemeinde sind bis heute Jäger, die mit der Jagd auf Robben, Eisbären, Moschusochsen und Schneehasen ihre Lebensgrundlage sichern. Die Bewohner von Ittoqqortoormiit dürfen pro Jahr 31 Eisbären schießen. Ich hatte mich mit dem jungen Jäger Silas angefreundet und begleitete ihn auf mehreren Jagdausflügen auf das im April noch gefrorene Meer, um Robben zu jagen. Die Wetterverhältnisse waren von Schneestürmen und Kälte geprägt und derart rau, dass ich bald eine schwere Bronchitis bekam, die ich in einem zum Gästehaus umfunktionierten, kaum beheizten Container auszukurieren versuchte. Dann hieß es auch noch warten. Der Rückflug verzögerte sich wegen der widrigen Wetterverhältnisse um zehn Tage, erst dann konnte der ersehnte Helikopter wieder landen.

Im Juli 2012 flog ich mit einem ARTE-Filmteam von Island über Kulusuk weiter ins nahe Tasiilaq. Von dort erkundeten wir auf zahlreichen Bootstouren das Fjordsystem. Wir erreichten die Gletscherkante des Knud-Rasmussen-Gletschers, fotografierten und filmten Wale und die im arktischen Sommer besonders eindrucksvollen Eisberge. Abschließend fuhren wir mit einem Schiff in die kleine Ortschaft Isortoq und gelangten von dort mit Schlittenhunden auf das grönländische Inlandeis.