Das Polargebiet der südlichen Erdhalbkugel wird als Antarktis bezeichnet. Bereits der Name deutet darauf hin, dass es der Arktis gegenüberliegt (altgriechisch »ant-arktos«, »gegenüber der Arktis«). Zwischen den beiden Polargebieten gibt es zunächst ein zentrales Unterscheidungsmerkmal. Am Nordpol liegt eine dünne Meereisschicht über einem tiefen Ozeanbecken, welches von Kontinenten umgeben ist. Der Südpol hingegen befindet sich inmitten einer großen Landmasse, die fast doppelt so groß ist wie Australien und von mächtigen Gebirgen durchzogen wird. Wichtig ist zu wissen, dass die Geografen mit dem Begriff Antarktika den Kontinent alleine meinen, mit dem der Antarktis hingegen neben dem Kontinent auch die angrenzenden Meeresgebiete und zahlreichen Inseln mit einschließen. Die Lage des Südkontinents ist ausgesprochen isoliert: Bis zur Südspitze Afrikas sind 4000 Kilometer zurückzulegen; Australien liegt 3300 Kilometer entfernt, und bis Feuerland, an der Südspitze Südamerikas, muss man 1300 Kilometer überwinden.
Das Südpolarmeer umgibt die Antarktis; seine Grenze wird meist entlang der Antarktischen Konvergenz gezogen, die zwischen dem 45. und 60. südlichen Breitengrad schwankt. Damit nimmt das Südpolarmeer eine Fläche zwischen 35 und 38 Millionen Quadratkilometern ein; das macht einen Flächenanteil von elf Prozent an den Weltmeeren aus. Als Antarktischer Ringstrom oder Zirkumpolarstrom kreisen Wassermassen mit der Westwinddrift um Antarktika. Nur in Küstennähe sorgen katabatische Winde für eine entgegengesetzte Strömung. Ähnlich wie der Arktische Ozean bildet auch das Südpolarmeer im Winter eine Eisdecke, die mit 0,5 – 1,5 Metern Dicke aber wesentlich dünner ist als in der Arktis. Sie umfasst im Winter eine Fläche von bis zu 20 Millionen Quadratkilometern, im Sommer geht das Meereis bis auf eine Fläche von vier Millionen Quadratkilometern zurück. Trotz der extrem niedrigen Wintertemperaturen existieren auch innerhalb der winterlichen Meereisdecke Antarktikas weitgehend eisfreie Flächen, die Polynjas. Während für die Entstehung von Küstenpolynjas katabatische Winde verantwortlich sind, sind es im Falle der Hochseepolynjas Konvektionsströmungen aus der Tiefe des Meeres. Typisch für die Antarktis sind große Schelfeisgebiete, die ein Drittel des antarktischen Festlandes säumen. Diese zusammen etwa 1 ,5 Millionen Quadratkilometer großen und bis zu 1000 Meter mächtigen Eismassen werden vom antarktischen Inlandeis gespeist und sind mit diesem verbunden, schwimmen aber auf dem Meer auf. Die Flachmeerbereiche zwischen Ost- und Westantarktis weisen besonders große Schelfeisgebiete auf. Zu nennen sind das Filchner-Ronne- und das Larsen-Schelfeis im Weddellmeer und das Ross-Schelfeis im Rossmeer.
DIE ABGRENZUNG DER ANTARKTIS
Die genaue geografische Abgrenzung der Antarktis lässt sich weitaus schwerer bestimmen als die der Arktis und wird unterschiedlich begründet. Die in der Arktis häufig verwendete Baumgrenze fällt in der Antarktis als Abgrenzungskriterium mangels entsprechender Vegetation weg. Die rein astronomische Abgrenzung durch den südlichen Polarkreis bleibt unbefriedigend, denn die Kontinentmasse reicht teilweise über den Polarkreis hinaus. Ferner herrschen auf den die Antarktis umgebenden Meeren polare Verhältnisse mit tiefen Temperaturen noch weit nördlich des Polarkreises. Daher wird die Grenze der Antarktis meist durch die Lage der Antarktischen Konvergenz definiert. An diesem Grenzsaum fließen die kalten antarktischen und das wärmere Oberflächenwasser der südlichen Ozeane aufeinander zu. Die Antarktische Konvergenz zieht sich um den gesamten Kontinent und variiert zwischen 45 und 60 Grad südlicher Breite. Erhebt man die Antarktische Konvergenz zum Abgrenzungskriterium, umfasst die Fläche der Antarktis 51,9 Millionen Quadratkilometer, das entspricht zehn Prozent der Erdoberfläche. Die Fläche Antarktikas dagegen beträgt 14 Millionen Quadratkilometer, die Küstenlinie ist über 32 000 Kilometer lang, 13 700 Kilometer davon sind von Schelfeisgebieten geprägt. Geologisch ist Antarktika zweigeteilt: Die kleinere Westantarktis gleicht unter dem Eispanzer einem Archipel und stellt eine Ansammlung kollidierter Mikroplatten (Terranes) dar. Die kompakte Landmasse der Ostantarktis, die sich schon im Präkambrium konsolidierte und anschließend als stabiler Kraton im Zentrum des Großkontinents Gondwana und später im Zentrum des Superkontinents Pangäa unverändert blieb. Er setzt sich aus einzelnen Kratonen zusammen und wird regional von jüngeren Vulkaniten und Sedimenten überlagert. Die natürliche Grenze zwischen der West- und der Ostantarktis bildet das Transantarktische Gebirge.
Der unterschiedliche geologische Aufbau der beiden Kontinentteile bleibt aufgrund der Vereisung Antarktikas im Verborgenen. Vielmehr erscheint es auf Karten und Satellitenbildern als der Eiskontinent schlechthin – und das zu Recht. 98 Prozent der Fläche Antarktikas sind von Eis bedeckt. Die Eismengen der Antarktis umfassen etwa 91 Prozent des gesamten Eisvorrats der Erde. In der großen Eiskuppel über dem antarktischen Kontinent sind 25 Millionen Kubikkilometer Eis gebunden, das sind 75 Prozent des Weltsüßwasservorrats. Mit einer Fläche von 12,5 Millionen Quadratkilometern bildet das antarktische Inlandeis den mit Abstand größten Eisschild der Erde; hinzu kommen die für Antarktika typischen Schelfeisgebiete, die nochmals 1,5 Millionen Quadratkilometer bedecken.
Die durchschnittliche Eisdicke beträgt 2160 Meter; auf dem zentralen Polarplateau wurde ihr Maximum bei 4776 Metern gemessen. Dieser Eispanzer drückt mit einer durchschnittlichen Last von 2000 Tonnen pro Quadratmeter auf das anstehende Gestein. Würde die Vereisung Antarktikas komplett abschmelzen, so haben Experten errechnet, käme es zu einer isostatischen Anhebung des Kontinents von 500–1000 Metern; zuvor würde weltweit der Meeresspiegel um fast 70 Meter steigen. Der heutige Zuwachs an Eis ist aufgrund der Trockenheit mit 2,5 Zentimetern pro Jahr gering. Das Eis im Inneren Antarktikas ist 200 000 Jahre alt und stammt damit aus der vorletzten Eiszeit.
DAS HEUTIGE KLIMA DER ANTARKTIS
Nach der Klimaklassifikation von Köppen besitzt die Antarktis ein »E-Klima«, nach der von Troll und Paffen ein »hochpolares Eisklima«. Anders ausgedrückt: Die Antarktis ist der windigste, kälteste und trockenste Kontinent der Erde. Das extreme Klima der Antarktis ist geprägt von der Lage rund um den Südpol. An den Polkappen ist die kurzwellige Sonnenstrahlung sehr ungleich über das Jahr verteilt, an den Polen selbst scheint die Sonne lediglich während eines halben Jahres. Die Sonne steigt am Südpol niemals höher als 23,5 Grad. Da die Sonnenstrahlen an den Polen flach auf die Erde auftreffen, ist die Strahlungsintensität relativ gering, denn die Sonnenenergie verteilt sich auf eine größere Fläche. Außerdem muss das Sonnenlicht einen langen Weg durch die Licht streuende und absorbierende Atmosphäre zurücklegen. Eine andere wichtige Ursache für die niedrigen Temperaturen in der Antarktis liegt in der hohen Rückstrahlkraft der Eisflächen begründet. In der Antarktis beträgt die Albedo 85 Prozent, mit Vegetation bedeckte Flächen haben im Vergleich dazu eine Albedo von 20 Prozent und heizen sich daher schneller auf. Die Temperaturen in der Antarktis sind deutlich niedriger als die in der Arktis, was mit ihrer enormen Landmasse zu tun hat. Immerhin ist Antarktika sechsmal größer als Grönland, und anders als dort liegt sein Zentrum in Polnähe. Zu der bereits erwähnten Mächtigkeit des Eispanzers und zur polnahen Lage kommt noch die Höhenlage hinzu. Es wundert deshalb nicht, dass der Kältepol der Erde ebenfalls in der Antarktis zu finden ist. Die tiefste jemals aufgezeichnete Temperatur wurde 1983 in der sowjetischen Antarktisstation Wostok gemessen: minus 89,2 Grad Celsius.
Die starken Winde der Antarktis sind vor allem auf zwei Ursachen zurückzuführen. Der hohe Luftdruckgradient zwischen den Subtropenhochs und der subpolaren Tiefdruckrinne, die ringförmig um die Antarktis liegt, führt zu den niedrigsten Luftdrücken der Erde. In stetiger Abfolge ziehen Tiefdruckgebiete rund um die Antarktis. Jeder Seemann kennt die »Roaring Forties« oder die »Screaming Sixties«, Namen, die diese Windstärken in den hohen südlichen Breiten treffend umschreiben. Besonders betroffen von diesen Stürmen ist die Antarktische Halbinsel, die wie ein Keil in die Westwinde hineinragt. Das zweite Windsystem der Antarktis ist auf die Höhenlage und das Profil Antarktikas zurückzuführen. Schwere, extrem kalte Luftmassen über dem zentralen Polarplateau fließen als katabatische Winde zu den Küsten hinab. So ergibt sich in Küstenrichtung ein radiales Windfeld. Bei ihrem Weg vom Polarplateau zur Küste werden die katabatischen Winde oft auf Orkanstärke beschleunigt. So werden an den Küsten der Antarktis die weltweit heftigsten Winde gemessen.
Die Niederschläge in der Antarktis sind gering. Während küstennahe Bereiche Antarktikas zwischen 200 und 600 Millimetern Niederschlag verzeichnen, liegen die Niederschlagswerte in den zentralen Teilen der Antarktis bei 50 Millimetern und darunter. Generell fällt die Messung des in Form von Schnee fallenden Niederschlags schwer, da sich dieser oftmals mit verwehtem Schnee vermischt.
50 Millimeter Niederschlag pro Jahr sind jedenfalls ein Wert, der an die Sahara und andere Trockenwüsten erinnert, wenngleich dort die Verdunstung um ein Vielfaches größer ist. Die Bewölkung des Himmels in Küstennähe ist ebenfalls ein charakteristisches Klimaelement, wohingegen der Himmel über den zentralen Teilen des Polarplateaus an vielen Tagen des Jahres wolkenlos bleibt.
Generell lässt sich die Antarktis in drei klimatische Bereiche gliedern. Während in den Küstenbereichen die Temperaturen vergleichsweise moderat sind und die Niederschläge die kontinentweit höchsten sind, treten im sogenannten Randbereich, also im Bereich der Inlandeisabdachung, positive Temperaturen kaum mehr auf; gleichzeitig wehen starke katabatische Winde. Auf dem ausgedehnten zentralen Inlandeisplateau ist es dann »trockener als in der Sahara und kälter als in Sibirien«, so lautet eine treffende Redewendung.
DIE FAUNA UND FLORA DER ANTARKTIS
Die terrestrische Fauna ist in der Antarktis extrem reduziert. Es gibt keine höheren Tiere wie Amphibien, Reptilien, Vögel oder Säugetiere, die auf dem Festland heimisch wären. Dort existiert lediglich eine Wirbellosenfauna, die auf den Lebensraum »Boden« beschränkt ist. Die zwei Millimeter große, ungeflügelte Antarktische Zuckmücke ist das größte Landtier der Antarktis! So lebensfeindlich sich das Innere des Südkontinents darstellt, so reich ist das tierische Leben an den Küsten. Die marine Fauna wird von warmblütigen Wirbeltieren wie Walen, Robben und Seevögeln dominiert. Der Reichtum an Meeressäugetieren und Seevögeln ist auf die hohe Primärproduktion (Plankton) im Südpolarmeer zurückzuführen. So finden sich in antarktischen Gewässern 15 Walarten, die sich überwiegend von Plankton ernähren. Davon machen die Bartenwale zahlenmäßig die Hälfte aus. Die antarktischen Robben unterscheiden sich durch ihren kleinen Kopf und eine kleinere Schnauze deutlich von ihren arktischen Verwandten. Viele der Seevögel brüten an Land, verbringen aber den Rest ihres Lebens auf offener See – südlich der Polarfront brüten nur 38 Vogelarten. Pinguine und Sturmvogelverwandte sind die dominierenden Arten im Südpolarmeer. Die antarktische Fischwelt ist hochendemisch, 90 Prozent von ihnen gehören in die Ordnung der Antarktisfische. Das antarktische Plankton ist zwar ganzjährig im Oberflächenwasser des Südpolarmeers vorhanden, vermehrt sich aber in den Sommermonaten rasant um ein Vielfaches. Dann dominieren die fünf Zentimeter langen Krillkrebse die Oberflächengewässer; ihre Schwärme erreichen Ausdehnungen von mehreren Quadratkilometern.
Auch für Pflanzen ist die Antarktis ein lebensfeindlicher Ort. Neben der Kälte, der Trockenheit und dem Wind muss die Vegetation mit einem Mangel an Nährstoffen und Bodenkrume zurechtkommen und hat im antarktischen Sommer zudem mit dem Wechsel zwischen Tauen und Gefrieren umzugehen. Im antarktischen Winter kämpft sie zusätzlich mit der Dunkelheit. Es sind fast nur die niedrigen blütenlosen Pflanzen, die sich an die extremen Lebensbedingungen angepasst haben. Neben Algen und Pilzen bilden in der Antarktis vor allem Flechten und Moose ein einfaches Ökosystem. Diese Pflanzen finden sich lediglich auf den nicht von Eis und Schnee bedeckten Böden, also auf gerade einmal zwei Prozent der Fläche. In der Antarktis gibt es nur zwei Blütenpflanzen, die Antarktische Schmiele und ein kleines Nelkengewächs. Beide sind nur an der Westküste der Antarktischen Halbinsel zu finden und breiten sich aufgrund des Klimawandels, der sich vor allem in den steigenden Temperaturen zeigt, rasant aus.
DER MENSCH IN DER ANTARKTIS
Anders als in der Arktis gibt es in der Antarktis keine Urbevölkerung und keine permanenten Siedlungen. Dort wo Fauna und Flora vor den extremen Lebensbedingungen auf dem Festland kapitulieren, ist ein Überleben für den Menschen nur schwer möglich. Auch wenn man auf Karten der frühen Neuzeit bereits den Südkontinent Terra Australis findet, dauerte es bis zum Jahr 1820, dass Antarktika durch den russischen Kapitän Bellingshausen zum ersten Mal gesichtet wurde. Ein Jahr später folgten die ersten Robbenjäger, und bald kamen die Walfänger. Spätestens 1895 begann die systematische Eroberung der Antarktis durch Forscher und Entdecker. Bis heute sind Wissenschaftler, neben den zahlenmäßig von Jahr zu Jahr ansteigenden Kreuzfahrttouristen, die einzigen Menschen, die zeitweise in der Antarktis leben.
Auch wenn die Antarktis keine permanenten Einwohner hat, ist sie geopolitisch von großer Bedeutung. Im Antarktisvertrag von 1959 hielten die Regierungen von zwölf Staaten ihre gemeinsamen Interessen fest. Der Vertrag trat 1961 in Kraft, seine Gültigkeit reicht vom Südpol bis zum 60. südlichen Breitengrad. Momentan haben 52 Staaten unterzeichnet. Allerdings haben nur jene Staaten, die durch erhebliche wissenschaftliche Forschungstätigkeiten ihr Interesse an der Antarktis bekunden – die sogenannten Kosultativstaaten – im Rahmen der Antarktisvertragskonferenz ein Stimmrecht. In der Antarktis werden Lagerstätten mit enormen Vorkommen an Mineralien und Erzen vermutet, vor den Küsten sollen große Erdöl- und Erdgasvorkommen liegen. Abgesehen von technischen Schwierigkeiten und den exorbitanten Förderkosten, gibt es bisher keine konkreten Pläne für eine Erschließung dieser Rohstoffe. Seit Inkrafttreten des Umweltschutzprotokolls 1998 ist der kommerzielle Abbau von Rohstoffen in der Antarktis verboten.
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