Die südamerikanische Trockendiagonale zieht sich von Nordwest nach Südost, von Nordperu bis an die patagonische Atlantikküste und erstreckt sich über mehr als 5.000 km. Sie umfasst neben der Atacama Teile des bolivianischen Altiplano, überquert bei 24 bis 26º südlicher Breite die Anden und setzt sich dann östlich des Andenkamms bis nach Patagonien fort.
Auch wenn die Trockendiagonale ein durchgehendes Wüstenband darstellt, ist ihre Entstehung doch auf unterschiedliche klimatische Ursachen zurückzuführen und ihre Landschaftsvielfalt enorm. Da gibt es zum einen das schmale Band der Atacama, das nur
400 km südlich des Äquators beginnt und bis zum 25. Grad südlicher Breite reicht. Zum anderen zieht sich vom bolivianischen Altiplano ein Trockengebiet diagonal über die Anden bis nach Patagonien und reicht damit weit über die Südspitze der Atacama hinaus.
Die Atacama als Teil der südamerikanischen Trockendiagonale
Manche Wissenschaftler beschränken die Atacama auf chilenisches Staatsgebiet und sehen in der Peruanischen Küstenwüste eine eigenständige Wüste. Anderen Geographen gilt die Peruanische Küstenwüste als Teil der Atacama, weil die klimatischen Verhältnisse ähnlich sind. Nach ihrer Ansicht, der wir uns hier anschließen, beginnt die Atacama in Nordperu und zieht sich über 25 Breitengrade oder 3.700 km hinweg nach Süden.
Die Atacama verdankt ihre Trockenheit hauptsächlich dem kalten, aus der Antarktis kommenden Humboldtstrom. Außerdem kreuzt die Wüste den südlichen Wendekreis, und die Anden schirmen sie von feuchten Luftmassen vom Atlantik und aus dem Amazonasgebiet ab. Dass die Wüste in Nordperu bis auf wenige hundert Kilometer an den Äquator heranreicht, einen Breitengrad, an dem man die Immerfeuchten Tropen erwarten würde, erklärt sich durch das Umbiegen der peruanischen Küstenlinie nach Nordwesten. Dies hat zur Folge, dass der trockene Wind küstenparallel weht. Kein Absatz!
Die Atacama besteht aus einer Küsten- und einer Binnenzone. Die Küstenzone ist von Mai bis November in Nebel gehüllt, der in Peru »Garua«, in Chile »Chamanchaca« heißt. Er hat die Entstehung eines spezifischen Vegetationtyps bewirkt, der Loma-Vegetation, wobei die meisten dieser Pflanzen endemisch sind. Trotz hoher Luftfeuchtigkeit kommt es aber zu keinem Niederschlag, denn die unteren Luftschichten sind kälter als die oberen (Inversion). An vielen Orten der Küste hat es seit Jahrzehnten nicht geregnet.
Die Landschaft an der Küste ist oftmals durch eine Küstenkordillere geprägt, an manchen Stellen überragen gewaltige Dünen das Meer. Der Nebel reicht bis auf eine Höhe von 700 bis 1.000 m ü. NN, darüber beginnt die meist sonnige Binnenzone. Sie zählt zu den trockensten Gebieten der Erde, denn sie liegt außerhalb der Nebelzone, und im Osten bildet die Andenkette eine Barriere gegen die feuchten atlantischen Luftmassen. Die Folge ist oftmals völlige Vegetationslosigkeit, so z. B. in der chilenischen Pampa Tamarugal. Aufgrund der extrem niedrigen Luftfeuchtigkeit und der Wolkenarmut wurde der Süden der chilenischen Binnenwüste Standort der Europäischen Südsternwarte und anderer Observatorien, die den südlichen Sternenhimmel beobachten.
Oasen existieren in der chilenischen Atacama nur am Westfuß der Hochkordillere, die chilenischen Küstenstädte sind durch die extrem trockene Binnenwüste von den Oasen getrennt. So muss Antofagasta über eine 300 km lange Wasserleitung mit Wasser aus der Hochkordillere versorgt werden. Ganz anders verhält es sich in Peru, wo die Küstenstädte an Flussoasen liegen. Diese haben sich entlang der Flüsse entwickelt, die aus den Anden kommen, und erwirtschaften durch exportorientierten Anbau von Früchten einen erheblichen Teil des peruanischen Bruttosozialprodukts.
Bis in die 1870er-Jahre war Guano das wichtigste Exportprodukt der Atacama. Die Exkremente von Seevögeln waren in Europa zu Zeiten, bevor es Kunstdünger gab, wegen ihres reichen Gehalts an organischem Stickstoff als Dünger hochbegehrt. Die Guanogewinnung ist dem Fehlen jeglichen Regens zu verdanken, der den Vogelkot ansonsten wegspülen würde. Nachdem die fossilen Lager erschöpft waren, konnte nur noch die laufende Produktion abgebaut werden, so dass die jährliche Exportmenge von einst 500.000 Tonnen auf heute wenige zehntausend Tonnen sank.
Nach Ende des Guanobooms begann in der Atacama der Salpeterboom. Dieses Nitrat ist in den trockensten Gebieten der chilenischen Binnenwüste zu finden. Andere abbauwürdige Salpeterfelder auf der Erde gibt es nicht, denn die Anreicherung und Erhaltung der sehr leicht löslichen Nitrate ist nur unter den langfristig ariden Bedingungen der chilenischen Binnenwüste möglich. Der zur Dünger- und Schießpulverherstellung verwandte Salpeter war zu Beginn des 20. Jahrhunderts das wichtigste Bergbauprodukt Chiles, jährlich wurden bis zu drei Millionen Tonnen gewonnen. Nach der Entwicklung der synthetischen Stickstoffproduktion verlor der Salpeter zwischen den beiden Weltkriegen schnell an Bedeutung. Die Rolle des Salpeters als wichtigstes Weltwirtschaftsprodukt Chiles übernahm das Kupfer.
Übrige Wüstengebiete
Ähnlich wie in der Atacama, so führen auch auf dem bolivianischen Altiplano die Einflüsse des Humboldtstroms in Kombination mit der Abschirmung feuchter atlantischer Luftmassen durch die Anden zu Trockenheit. Weiter südlich ist die Situation jedoch anders und komplexer. Nachdem die Trockendiagonale bei 24º-26º südlicher Breite die Anden überquert hat, sind diese wiederum von Bedeutung, wenn auch in einer vertauschten Rolle: Nun halten sie feuchte Pazifikluft aus dem Westen fern, so dass im Lee der Anden die Niederschlagswerte schnell abnehmen. So ist in Patagonien auf dem 50. südlichen Breitengrad eine Wüste entstanden.
Théodore Monod gliedert die außerhalb der Atacama liegenden Gebiete der Trockendiagonale in drei Regionen: die Anden-Region, die Monte-Region und Patagonien.
Die Andenregion zieht sich vom Titicaca-See bis nach Argentinien hinein und ist Teil des Altiplano, der 800 km langen und bis zu 130 km breiten Hochebene zwischen der Ost- und Westkordillere der Anden. Die auch Puna genannte Landschaft stellt eine mit Ichu-Gräsern und wenigen Büschen bewachsene Steppe dar. Salzseen und zum Teil aktive Vulkane prägen ihren südlichen Teil. Die extreme Höhe (3.400 bis 4.500 m) und die Trockenheit führen dazu, dass die südliche Puna bis auf die Ansiedlungen um einige Minen herum unbewohnt ist. Zwei Kamelarten, das Vikunja und das Guanako trotzen den extremen Bedingungen.
Die weiter südlich gelegene Monte-Region liegt östlich des Andenhauptkamms und zieht sich vom argentinischen Salta 2.200 km weit bis nach Patagonien. Die Niederschläge liegen nicht höher als 100 bis 200 mm pro Jahr, da die Anden feuchte Pazifikluft und die Sierra Cordoba feuchte Atlantikluft abweisen. Die Monte-Region weist eine typische Steppenvegetation auf, wobei Kakteen zahlreich vorhanden sind.
Weiter südlich beginnt die Patagonische Wüste, die ihre Trockenheit ebenfalls ihrer Lage im Lee der Anden verdankt. Die Trockenheit Patagoniens wird durch einen zusätzlichen Faktor verstärkt: Und zwar ist der Falklandstrom vor der patagonischen Atlantikküste zu kalt, als dass die Luftmassen dort viel Feuchtigkeit aufnehmen könnten. Es dominieren Busch- und Grassteppe, die Trockenheit und hohe Windgeschwindigkeiten lassen praktisch keine Landwirtschaft zu.
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