Die Wüsten Asiens

Die Wüsten des indischen Subkontinents


Im Nordwesten des indischen Subkontinents liegt ein ausgedehntes Trockengebiet, das westlich der Arawalli-Berge große Teile Rajasthans einnimmt und jenseits der indisch-pakistanischen Grenze bis an den Indus heranreicht. Wenn auch nirgendwo Niederschlagswerte von weniger als 150 mm pro Jahr erreicht werden – der Regen fällt zu 90 Prozent in der Saison des Südwestmonsuns von Juli bis September – und praktisch keine vegetationsfreien Gebiete existieren, hat nicht zuletzt der Mensch zu wüstenhaften Bedingungen beigetragen.

Die größte Wüste ist mit 200.000 km² die Sandwüste Thar, die sich bis nach Pakistan zieht und dort im Nordteil Cholistan und im Südteil Nara heißt. Die pakistanische Wüste Thal, auch Sind-Sagar-Doab genannt, wird vom Jhelum, einem Nebenfluss des Indus, und vom Indus selbst umschlossen. Eine zweite pakistanische Wüste, die Wüste Sind, liegt in der gleichnamigen Provinz dieses Landes am unteren Indus. Das gesamte Gebiet ist Teil der indo-iranischen Trockenregion, die sich westlich des Indus über Belutschistan in den Iran fortsetzt. Der Einfluss des äquatorialen Monsuns reicht bis zum Suleiman- und Kirthargebirge, das Belutschistan zur Indusebene hin abgrenzt. Trockene Winter und geringe Regenfälle während des Sommermonsuns bestimmen östlich dieser Gebirgsketten den Jahreslauf. Belutschistan hat dagegen ein trockenes, subtropisches Wüstenklima mit Niederschlägen im Winter.

In der Sandwüste Thar fehlen aufgrund der geringen, salzverunreinigten und kaum zu erreichenden Grundwasservorräte die sonst typischen Oasen. Während die Region westlich von Jaisalmer fast vollständig von dünn bewachsenen Dünen bedeckt wird, stellen das Gebiet bei Bikaner und Cholistan, ein pakistanischer Teil der Thar, nur knapp zur Hälfte eine Sandwüste dar. Diese bis 150 m hohen Dünen, von Nordosten nach Südwesten verlaufende Ketten, haben sich parallel zu den in der trockenen Jahreszeit dominierenden Winden gebildet.

Die Wüste Thar wird in der Literatur immer wieder als »man made desert« bezeichnet. Zwar hat die Entstehung der Wüste auch klimatische Ursachen, doch ist der enorme Einfluss des Menschen auf die Ökologie der Thar nicht zu leugnen. Die Vernichtung des Baumbestandes – das Holz wurde als Brennmaterial und für den Hausbau verwandt – sowie die Zerstörung der Grasdecken durch Überweidung haben dazu geführt, dass die sommerlichen Niederschläge nicht mehr ausreichend in den Boden eindringen. Eine weitere Absenkung des Grundwasserspiegels ist die Folge. Seit der Fertigstellung des 470 km langen Rajasthan-Kanals im Jahre 1986, der Wasser aus dem Pundjab heranführt und zusammen mit Nebenkanälen ein Verteilersystem über 3.500 km Länge aufweist, ist die Bevölkerung in den Bewässerungsgebieten um das Zehnfache gestiegen. Mehrere Eisenbahnlinien verbinden die Wüstenstädte, so z. B. Jodhpur und Jaisalmer in Indien sowie Bahawalpur und Haiderabad in Pakistan. Die Thar gilt daher heute als die dicht besiedeltste und die am meisten kultivierte Wüste der Erde.

Das Problem, dass eine stetig wachsende Bevölkerung konkurrierende Nutzansprüche auf immer knapper werdendes Land stellt, wird auch in Cholistan deutlich. Früher wurde die Rinderhaltung von sesshaften Bauern betrieben. In dem Maße, wie das Bewässerungsland (Trennung: Bewässe-rung) des Punschab nach Süden vorrückte und siedlungsnahes Weideland somit als Ackerfläche verloren ging, wurden die Rinderhalter zu immer weiteren Wanderungen gezwungen. Sie haben schließlich eine nomadische Lebensweise angenommen und mit ihren riesigen Rinderherden unfreiwillig dazu beigetragen, dass die Desertifikation in Cholistan ein extremes Ausmaß erreicht hat.

Wenngleich der indische Subkontinent in der Indusebene an seine westliche Grenze stößt, gehen wir an dieser Stelle auch kurz auf Belutschistan ein, denn es liegt zum größten Teil in Pakistan. Ladakh jenseits des Himalaja-Hauptkamms gehört hingegen geologisch wie kulturell zu Tibet und ist daher den zentralasiatischen Wüsten zuzurechnen.

Westlich vom Suleiman- und Kirthargebirge erhebt sich die ausgedehnte Belutschistan-Hochebene, die im Westen weit in den Iran hineinreicht und auch geologisch zum Iranischen Hochland zählt. Zum Norden, nach Afghanistan hin, wird sie durch die Chagai-, Toba- und Kakar-Berge begrenzt und von kahlen Bergketten durchzogen. Die trockensten Gebiete liegen im Nordwesten, aber auch die Zentralen Makran-Berge bieten nur geringe Lebensmöglichkeiten. In Belutschistan leben fünf Millionen Belutschen, die in zahlreiche rivalisierende Gruppen aufgespalten sind und sich als nomadisierende Viehzüchter im Sommer auf den Grasfluren der Gebirge und im Winter in den Tälern der Indusebene aufhalten.