Die Wüsten Afrikas

Die Kalahari und die Karru


Im Zentrum des südafrikanischen Subkontinents liegt die Kalahari. Sie umfasst eine Fläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern, was der dreifachen Größe Deutschlands entspricht. Ihr roter Sand reicht zwar vom südafrikanischen Oranjefluss bis an die Grenze des kongolesischen Regenwaldes, ihr Kernbereich liegt aber im östlichen Namibia und in Botswana. Geologisch stellt die Kalahari eines der drei großen Becken Afrikas dar. Wenn auch meist so bezeichnet, ist sie keine echte Wüste. Manche Teile können als Halbwüste gelten, der weitaus größte Teil der Kalahari aber zählt zur Dornbusch- und Trockensavanne, die mit Akazien, im Norden gar von Mopane-Wäldern bestanden ist. Jährliche Niederschlagsmengen von 150 bis 250 mm, im Norden bis 500 mm sind alles andere als wüstenhaft. Der Mangel an Oberflächenwasser mag dazu geführt haben, dass die Kalahari für eine Wüste gehalten wird. Aufgrund der hohen Wasserdurchlässigkeit des Kalaharisands kommt es zu einem schnellen Versickern der sommerlichen, oft heftigen Regenfälle. Nur in den zahlreichen eingelagerten Pfannen hält sich das Wasser für längere Zeit. In trockenem Zustand handelt es sich um Alkali- und Sodapfannen, deren Boden sich bei Befeuchtung in »Schmierseife« verwandelt. Die zeitweise vorhandenen Wasserflächen ziehen riesige Tierherden an, die Nxai Pan, Deception Pan und Makgadikgadi Pans in der zentralen Kalahari sind hierfür berühmt.

Die höchste Tierdichte in der Kalahari, wenn nicht in ganz Afrika, ist allerdings im Okavangodelta anzutreffen. Der Okavangofluss kommt aus dem regenreichen Benguelaplateau in Angola. Er strömt hunderte von Kilometern als Fremdlingsfluss durch die Kalahari, bevor er sich im Nordwesten Botswanas in ein gewaltiges Binnendelta ergießt, das 200 km lang und mit 17.000 km² nur wenig kleiner als das Nildelta ist. Die Wassermassen des Okavango benötigen fünf Monate, bis sie sich vom Eintritt ins Delta durch den Kalaharisand zum Rand des Deltas bei Maun vorgearbeitet haben und dieses überfluten. Aufgrund ausbleibender Regenzeiten in Angola und hoher Wasserentnahmen für Bewässerungsprojekte in Namibia ist der Wasserstand des Okavangodeltas stark gesunken und das weltweit einmalige Ökosystem bedroht. Katastrophale Auswirkungen hätte die Verwirklichung namibischer Pläne, mit einer gewaltigen Pipeline die Wasserversorgung der namibischen Hauptstadt Windhuk sicherzustellen.

Galt die Kalahari noch vor 50 Jahren zu großen Teilen als unerforscht und unzugänglich, durchzieht ihre Weiten heute ein dichtes Netz von Straßen, Pisten und Viehzäunen. Botswana gehörte zu den zehn ärmsten Ländern der Erde, als 1967 in der Kalahari große Diamantenvorkommen entdeckt wurden. Die Minen von Orapa, Jwaneng und Letlhakane haben Botswana zum größten Diamantenproduzenten der Welt gemacht. Der wichtigste Wirtschaftszweig ist jedoch die industriell betriebene Rinderzucht. Kapitalkräftige Viehbesitzer drangen in den letzten Jahren immer weiter in die Kalahari vor, bohrten Brunnen und erschlossen neues Weideland für heute 80 Millionen Rinder. Massive Überweidung führte großflächig zur Degradation der kalaharischen Ökosysteme.
Die Buschleute, auch San genannt, haben dagegen eindrucksvoll bewiesen, wie man Jahrtausende in der Kalahari leben kann, ohne sie zu zerstören. Ihre Lebensweise als Jäger und Sammler stand in Harmonie mit der Natur. Sie verfügten über hoch spezialisierte Kenntnisse ihrer Umwelt, beließen diese in ihrem natürlichen Gleichgewicht und passten sich den Umweltbedingungen an.
Im Laufe der Jahrhunderte wurden die San von Bauern und Viehzüchtern verdrängt, seit dem 17. Jahrhundert rückten weiße Siedler und Kolonialherren in ihr Land vor. Zahlreiche Konflikte, Versklavung und Krankheiten führten fast zur Ausrottung der San. Die letzte Vertreibung fand statt, als Teile ihrer noch verbliebenen Territorien zu Naturschutzgebieten erklärt wurden. Die verbliebenen 65.000 San verdingen sich heute größtenteils als Farmarbeiter oder leben ohne Perspektive am Rande der Dörfer und Städte.

Bei der Karru im Südwesten Südafrikas handelt es sich genauso wenig um eine Wüste wie bei der Kalahari. Aber es ist ein trockenes Gebiet, das sich in Südafrika zwischen dem Kapland mit Winterregen und der Kalahari mit Sommerregen ausbreitet: Die Kleine Karru empfängt 150 bis 300 mm Niederschlag, die Große Karru 125 bis 200 mm jährlich. Nördlich der Karru liegt das Namaqualand, das ebenfalls nur 50 bis 200 mm Niederschlag pro Jahr erhält und dessen Norden, jenseits des Oranjeflusses, bereits in die Namib übergeht. Die Karru und das Namaqualand sind mit Büschen und Sträuchern bewachsen, nach Regenfällen sind weite Flächen mit einer bunten Blumendecke überzogen.