Die Erde und ihre Wüsten

Die Verhältnisse auf dem Planeten Erde werden von wenigen astronomischen Faktoren geprägt. Von entscheidender Bedeutung für das Leben auf der Erde ist die Entfernung unseres Planeten zur Sonne. Astronomen sprechen von der habitablen Zone, in der die Erde ihre Bahnen um die Sonne zieht. Wäre der Abstand zu ihr nur fünf Prozent geringer oder aber 15 Prozent größer, gäbe es hier kein Leben. Die Tatsache, dass die Erde innerhalb der habitablen Zone um die Sonne kreist, ist die physikalische Voraussetzung dafür, dass Wasser auf der Erde in allen drei Aggregatzuständen vorkommt: flüssig, als Wasserdampf und in Form von Eis. Wasser war die Voraussetzung für die Entstehung terrestrischen Lebens, stellt es doch für eine Vielzahl kritischer chemischer Reaktionen ein natürliches Lösungsmittel dar.

75 Prozent der Erdoberfläche sind von Ozeanen bedeckt, in denen 97 Prozent des gesamten Wasservorkommens der Erde gebunden sind. Wasser prägt die Erdoberfläche auch in Form von Seen und Flüssen. Zwei Prozent des irdischen Wassers sind im Festlandeis und in Gletschern gebunden, nur ein Prozent davon lagert als Grundwasser unter der Erdoberfläche.

Neben dem richtigen Abstand zur Sonne sind eine ganze Reihe weiterer irdischer und außerirdischer Faktoren dafür verantwortlich, dass sich gerade auf dem Planeten Erde Leben entwickeln konnte. Im Gegensatz zum Merkur und zum Mond ist die Erde groß genug, um eine Atmosphäre halten zu können. Ohne diese wären Lebewesen tödlicher UV-Strahlung ausgesetzt, könnten nicht atmen und würden mit extremen Minustemperaturen zu kämpfen haben. Außerdem gibt es im Gegensatz zum Mars eine Atmosphäre mit einem Kohlenstoffkreislauf, der durch plattentektonische Prozesse und das Sedimentationsgeschehen gesteuert wird, bei dem CO2 dem System durch Bildung organisch und karbonatisch gebundenen Kohlenstoffs entzogen wird, was einem Treibhauseffekt entgegenwirkt. Dank ihrer Größe und ihres Aufbaus kann die Erde in ihrem Inneren ein starkes Magnetfeld erzeugen, das sich bis in den Weltraum erstreckt und dort einen Schutzschild gegen geladene Teilchen des Sonnenwinds bildet. Aber auch außerirdische Faktoren tragen zur Bewohnbarkeit des Planeten Erde bei: Der Schwerkrafteinfluss des Jupiters sorgt dafür, dass die Erde nicht ständig von Asteroiden und Kometen größeren Ausmaßes getroffen wird. Außerdem stabilisiert der Mond die Erdachse und verhindert so starke Klimaschwankungen. Diese Faktoren führen zu relativ beständigen Umweltbedingungen, welche die Entstehung von Ökosystemen auf dem Planeten Erde begünstigt haben. Das Wunder des Lebens begann auf der Erde vor 3,7 Milliarden Jahren. Nur sehr allmählich breiteten sich die Lebewesen vom Meer auf das Festland aus und eroberten nach und nach jeden Winkel unseres Planeten. Rückschläge blieben nicht aus – man denke nur an das nach einem Meteoriteneinschlag vor 65 Millionen Jahren einsetzende Aussterben der Dinosaurier. Was zunächst Tieren und Pflanzen gelang, schaffte letztlich auch der Mensch: Auch er besiedelte schließlich den Planeten Erde bis in seine extremsten Gebiete – darunter auch die Polarregionen und Trockenwüsten. Heute kennt man auf der Erde 1,6 Millionen pflanzliche und tierische Spezies namentlich, Wissenschaftler gehen aber von der Existenz von sogar 30 bis 100 Millionen Arten aus.

Eine davon, der Homo sapiens, veränderte in den letzten 100 Jahren ihrer erst seit zwei Millionen Jahren währenden Existenz das Antlitz der Erde grundlegend. Der Vergleich von Satellitenfotos aus den letzten Jahrzehnten zeigt ein Verschwinden der Regenwälder, die Ausbreitung der Wüsten, das Abschmelzen der nördlichen Polkappe und verstärkten Smog über den Ballungszentren. Nachts lassen sich die von Menschen dicht besiedelten Regionen anhand der hell erleuchteten Städte aus dem All leicht ausmachen und zeugen vom wachsenden Energieverbrauch.

Die zonale Gliederung der Erde

Die Festlandbereiche des Planeten Erde lassen sich politisch nach Ländern, kartografisch nach Höhenstufen, geologisch nach Gesteinsarten oder wirtschaftlich nach dem Bruttosozialprodukt einteilen. Für die Gegenüberstellung von Wüsten und Polargebieten ist eine zonale Betrachtung der Erde sinnvoll. Im deutschen Sprachraum steht der Begriff Geozone als Oberbegriff für verschiedenste Zonen, darunter die Klima- und die Vegetationszonen.

Die Klimazonen sind auf die Kugelgestalt der Erde zurückzuführen. Vom Äquator aus gesehen wird der Einfallswinkel der Sonne zu den Polen immer flacher, damit nimmt die Strahlungsenergie des Sonnenlichts immer weiter ab. Das ist die primäre Ursache für die Entstehung unterschiedlicher Klimate auf der Erde. Damit sind die Klimazonen die Grundlage aller zonalen Modelle der Biogeografie. Man unterscheidet zwischen Beleuchtungsklimazonen und physischen Klimazonen. Erstere werden auch astronomische oder solare Klimazonen genannt und sind nur abhängig von der geografischen Breite. Die Zone zwischen dem nördlichen und dem südlichen Wendekreis wird danach Tropen genannt. Die Subtropen reichen bis zum 45. Breitengrad, die Mittelbreiten bis zum 66,5. Breitengrad, und ab da schließt sich die Polarzone an. Die physischen Klimazonen beziehen die Strahlungsbilanzen mit ein und geben die tatsächlichen Verhältnisse wieder. Hier unterscheidet man zwischen den Tropen, den Subtropen, der warm-gemäßigten Zone, der kalt-gemäßigten Zone, den Subpolargebieten und den Polargebieten. Die Vegetationszonen spiegeln die Klimazonen nahezu wider. Der Begriff stammt aus der Vegetationsgeografie und bezeichnet einen geozonalen Großraum, in dem eine gleichartige natürliche Vegetation vorkommt. Wäre die Erde eine völlig ebene Landmasse, ohne Ozeane, würden die Vegetationszonen und Klimazonen völlig geradlinig und streng breitenparallel um die Erde verlaufen. Aufgrund der Land-Meer-Verteilung und der klimatischen Wirkung der Ozeane ist dies aber nicht der Fall. Zudem durchbrechen die Höhenstufen der Gebirge eine streng zonale Einteilung immer wieder. Letztlich unterscheidet man in der Geografie 26 zonale Vegetationszonen und 13 nichtzonale Vegetationszonen. Relevant in unserem Kontext sind: Eisschilde und Gletscher, Kältewüsten, Flechten- und Moostundra, Zwergstrauch- und Wiesentundra, Strauch- und Trockensteppen, winterkalte Halbwüsten, winterkalte Wüsten, heiße Halbwüsten, heiße Wüsten, Hochlandsteppen und -wüsten, Dornstrauch- und Kakteensavannen.

Neben den Klimazonen und Vegetationszonen gibt es aber auch Geozonen-Modelle, die nicht nur aus den klimatischen Gegebenheiten und dem Vegetationsgrad abgeleitet werden, sondern auch aus sekundären Merkmalen wie Fauna, Wasserhaushalt oder Böden. In unserem Zusammenhang ist die ökozonale Gliederung der Erde von besonderem Interesse. Ökozonen werden als Großräume der Erde definiert, die sich nach Klima, Landschaftsformen, Böden, Pflanzen und Tieren sowie agraren und forstlichen Nutzungssystemen unterscheiden. Man unterteilt in neun Ökozonen: die polare und die subpolare Zone, die boreale Zone, die feuchten Mittelbreiten, die trockenen Mittelbreiten, die winterfeuchten Subtropen, die immerfeuchten Subtropen, die tropischen oder subtropischen Trockengebiete, die sommerfeuchten Tropen, die immerfeuchten Tropen. Für Planet Wüste sind die subpolare und die polare Zone, die trockenen Mittelbreiten und die tropisch-subtropischen Trockengebiete relevant.

Klassifikation der Wüsten

Der Begriff Wüste bezeichnet so unterschiedliche Landschaften wie die Sandmeere der Rub al-Khali, die Dornbuschsavanne der Kalahari oder das ewige Eis des antarktischen Polarplateaus. Während für Europäer die endlosen Dünen der Sahara der gängigen Vorstellung einer Wüste entsprechen, sind für Australier die savannenartigen Landschaften im Zentrum des fünften Kontinents schon deswegen »desert«, weil kein Oberflächenwasser existiert. Viele Island-Reisende besuchen die Sprengisandur, die »Wüste der Missetäter«, und werden feststellen, dass es dort weder besonders trocken noch besonders kalt ist. Hier ist die Bodenbeschaffenheit die Ursache für die wüstenhafte Landschaftsform. Es ist also geboten, zunächst eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Wüstentypen vorzunehmen.

Trockenwüsten

Wird im Folgenden von Wüsten gesprochen, sind damit die Trockenwüsten gemeint, also Gebiete, in denen es wegen Niederschlagsmangels nur zu lückenhaftem Bewuchs oder Vegetationslosigkeit kommt. Trockenwüsten bedecken 20 Prozent der Landoberfläche der Erde; nimmt man die Halbwüsten hinzu, deckt das gar ein Drittel der Festlandflächen ab. Die Trockenwüsten ziehen sich in zwei Gürteln um die Erde. Ihre Trockenheit hat unterschiedliche Ursachen. Entsprechend nennt man sie Wendekreis-, Binnen-, Relief- oder Küstenwüsten.

Der nördliche Wendekreis hat eine geografische Breite von 23,5 Grad und heißt »Wendekreis des Krebses«, der südliche Wendekreis findet sich bei 23,5 Grad südlicher Breite und wird »Wendekreis des Steinbocks« genannt. Entlang dieser beiden Wendekreise reihen sich die Trockenwüsten der Erde wie auf einer Perlenkette auf und bilden die beiden Wüstengürtel der Nord- und der Südhalbkugel. Die Wendekreiswüsten nehmen flächenmäßig den größten Anteil an Wüsten ein. Die Trockenheit an den Wendekreisen lässt sich nur als Aspekt der weltweiten atmosphärischen Zirkulation verstehen. Zu dieser werden auch die trockenen Passatwinde gezählt, die durch den Druckausgleich zwischen dem Hochdruckgürtel der Subtropen und der Tiefdruckrinne am Äquator entstehen. Die Sahara gilt als die Wendekreiswüste schlechthin. Die Trockenheit in der Ostsahara und auf der Arabischen Halbinsel wird zusätzlich durch den Einfluss des Ostjets, einer mit dem sommerlichen Höhenhoch über Tibet in Zusammenhang stehenden Höhenströmung, verstärkt.

Wenn quer zur Hauptwindrichtung verlaufende Gebirgszüge dafür sorgen, dass Niederschläge bereits auf der Luvseite niedergehen und es im Lee zu Niederschlagsarmut kommt, können orografische Wüsten oder Reliefwüsten entstehen. Reliefwüsten der Nordhalbkugel sind die Great Basin Desert im Lee der Sierra Nevada und des Kaskadengebirges sowie die südlich angrenzende Mojave Desert mit dem Death Valley. Auch die Trockenheit der zentralasiatischen Wüsten, die oftmals in Becken liegen und von Hochgebirgen umschlossen sind, wird durch die Abschirmwirkung der Gebirge verstärkt. Der Himalaya bildet eine natürliche Barriere, die den Monsun daran hindert, in Tibet und im übrigen Zentralasien wetterwirksam zu werden.

Eine meeresferne, also kontinentale Lage kann hingegen zur Bildung von Binnenwüsten oder kontinentalen Inlandwüsten führen. Diese sind aufgrund seiner Größe vor allem auf dem asiatischen Kontinent zu finden. Hier sind die Wüsten Kysilkum und die Karakum in Mittelasien sowie die Taklamakan, die Dsungarei, die Badain Sharan und Teile der Wüste Gobi zu nennen. Bisweilen wird die Great Basin Desert Nordamerikas auch zu den Binnenwüsten gerechnet. Des Öfteren sind bei Wüsten Reliefeinfluss und meeresferne Lage kombiniert. Auch die enorme Trockenheit der Ostsahara wird durch die kontinentale Lage zumindest verstärkt. Typisch für Binnenwüsten sind große jahreszeitliche Temperaturunterschiede. In der Gobi werden beispielsweise im Winter bis zu minus 50 Grad Celsius gemessen, im Sommer dagegen über plus 40 Grad.

In Küstenwüsten gibt es praktisch keinen Niederschlag. Doch sorgt die Nebelbildung hier für relative Feuchte und eher kühle Temperaturen. Ursache für die Küstenwüsten sind kalte Meeresströmungen, wie der Benguelastrom, der Kanarenstrom oder der Humboldtstrom, die dazu führen, dass sich über den Küstengewässern Inversionswetterlagen bilden, die Regen praktisch unmöglich machen. Küstenwüsten befinden sich immer an den Westflanken der Kontinente, weil die Corioliskraft Oberflächenwasser landabwärts lenkt, sodass das von einer Meeresströmung herangeführte kalte Tiefenwasser aufsteigen kann. So liegt die Wassertemperatur um mehr als fünf Grad Celsius niedriger, als das in den jeweiligen Breiten zu erwarten wäre. Typische Küstenwüsten sind Teile der Atacama und der Namib, auf der Baja California, in der Westsahara und im Westen Australiens wird die Trockenheit durch die beschriebenen Vorgänge zumindest verstärkt.

Kälte- und Eiswüsten

Wenn fehlende Vegetation als Erkennungsmerkmal für eine Wüste gilt, müssen auch bestimmte Gebiete der Polarregionen als Wüste bezeichnet werden. Geografen sprechen dann von einer Kältewüste, wenn die Bewuchsdichte weniger als zehn Prozent der Fläche ausmacht. Es ist aber weniger die Kälte, sondern der Wärmemangel und damit einhergehend eine zu kurze Vegetationsperiode im Sommer, die zu Vegetationslosigkeit führt. Oftmals gesellt sich zum Wärmemangel noch Niederschlagsarmut dazu, die das Pflanzenwachstum zusätzlich einschränkt. Hinzu kommt der Abrieb durch Eis- und Schneekristalle, der aufgrund der in Polarregionen oftmals heftigen Winde für Jungpflanzen ein zusätzliches Wachstumshindernis darstellt. Kältewüsten sind räumlich nicht sehr ausgedehnt. Große Teile der Arktis werden vielmehr der Tundra zugerechnet oder sind von Eis bedeckt. In der Antarktis machen die Kältewüsten nur zwei Prozent der Fläche aus, der Rest ist von Inlandeis überzogen.

Die Inlandvereisungen von Antarktika, Grönland, Spitzbergen und von anderen arktischen Inseln werden als Eiswüsten bezeichnet. Da hier weder Gestein ansteht noch Böden vorkommen, gibt es auch keinerlei Vegetation.

Edaphische Wüsten

Neben den Trockenwüsten, Kältewüsten und Eiswüsten gibt es einen weiteren Wüstentyp, die edaphischen Wüsten. Hier führt die mangelnde Wasserspeicherkapazität der Böden und nicht das Klima zu geringer oder gar fehlender Vegetation. Der Großteil der Niederschläge versickert in klüftigem oder porösem Gestein. Diese Gebiete sind unregelmäßig und kleinräumig auf der Erde verteilt und sind an vulkanisches Gestein oder an grobkörnige Sedimentkörper gebunden. Beispiele sind das Hochland von Island oder die Lavafelder auf Hawaii. Edaphische Wüsten stehen hier nicht im Fokus, einzig Island wird näher betrachtet, liegt es doch am nördlichen Polarkreis.